
Grand Theft Auto III – Wochenenden voller Chaos, Kaffee und Freiheit in Neu-Isenburg
Ich war Anfang zwanzig, mitten in der Ausbildung bei XenoVeo in Neu-Isenburg, und mein Kopf steckte ständig zwischen Codezeilen, Kundenprojekten und dem Dröhnen von Festplatten. Und dann kam Grand Theft Auto III.
Ich erinnere mich noch an diesen Moment, als ich das Spiel auf meinem Desktop-PC installierte – der Tower stand unter dem Schreibtisch, der Bildschirm brummte leicht, und draußen fuhr die S-Bahn vorbei. Ab da verschwanden meine Wochenenden. Einfach weg.
Der PC als Tor zu Liberty City
Mein Rechner war damals mein ganzer Stolz. Keine Konsole, kein Gamepad – Maus und Tastatur, puristisch und direkt. Anfangs fühlte sich das alles etwas hakelig an, die Steuerung mit Pfeiltasten und Mausbewegungen war ungewohnt. Aber nach einer Stunde? Vollkommen selbstverständlich.
Und diese Welt! Liberty City war kein Level mehr, sondern ein Ort. Du bist losgefahren – und plötzlich hattest du keinen Plan mehr, ob du noch Missionen machst oder einfach durch die Gegend rast. Der Regen spiegelte sich auf den Straßen, Neonlichter flackerten an den Hauswänden, und irgendwo in der Ferne hupte ein Taxi. Ich war drin, komplett.
Die Performance war erstaunlich stabil. Mein PC röhrte zwar wie ein alter Staubsauger, aber er hielt durch. Kaum Ladezeiten, flüssige Bewegungen, kein Ruckeln – das war für 2001 keine Selbstverständlichkeit. Ich wusste damals nicht, dass ich an einem Stück Videospielgeschichte sitze.
Eine Geschichte zwischen Schmutz, Verrat und Freiheit
Der Protagonist hatte keinen Namen, kein Gesicht – und vielleicht war genau das der Trick. Er war eine Projektionsfläche. Jeder konnte dieser Typ sein, der verraten, ausgenutzt und doch unbeirrbar weitermachte.
Die Missionen waren clever gestaffelt: Mal eine Verfolgungsjagd, mal ein Attentat, mal einfach Chaos anrichten, weil du’s konntest. Und zwischendurch diese Freiheit – du entscheidest, ob du weitermachst oder einfach durch die Stadt streifst. Es gab keine unsichtbaren Wände mehr, keine Grenzen, kein „Game Over“, das dich bremste.
Manchmal saß ich stundenlang nur da, drehte mit dem Auto Runden, hörte Radio Lips 106 und beobachtete, wie die Sonne unterging. Das klang banal, aber für mich war das Entspannung pur.
Soundtrack einer Stadt, die nie schläft
GTA III war das erste Spiel, das ich auch dann laufen ließ, wenn ich gar nicht spielte. Der Soundtrack – diese absurden Radiosender mit Werbung, Musik, Kommentaren – war pure Satire und gleichzeitig perfekt inszeniert.
Die Soundeffekte machten den Rest: quietschende Reifen, Sirenen, Regen auf Asphalt. Es war wie ein filmischer Traum, nur dass du der Regisseur warst.
Technik, die Staunen ließ
Ich erinnere mich noch, wie ich damals Kollegen erzählte, dass ein Spiel eine ganze Stadt rendert – ohne Levelgrenzen. Viele glaubten mir nicht. „So was geht doch gar nicht“, meinte einer. Doch, ging. Und wie.
Die Engine war ihrer Zeit voraus, die PC-Version butterweich optimiert. Ich spielte mit mittleren Details, aber es sah atemberaubend aus. Alles fühlte sich echt an. Jede Gasse, jede Brücke, jeder dunkle Winkel.
Neu-Isenburg, Spätabende und kalte Pizza
Samstagabend, halb zwei. Das Zimmer roch nach kalter Pizza und abgestandenem Energy Drink. Auf dem zweiten Bildschirm lief Winamp mit Prodigy, während im Spiel die Sonne aufging. Ich war müde, aber glücklich.
Diese Stunden in Liberty City waren für mich wie ein Ventil. Nach den Tagen in der Agentur – Deadlines, Druck, Design – war das Spiel meine Freiheit. Keine Regeln, keine Chefs, kein „mach’s so“. Nur ich, ein gestohlener Wagen und eine Stadt voller Möglichkeiten.
Warum GTA III bleibt
Viele Spiele kamen und gingen, aber GTA III blieb. Es war kein „Spielabend“, es war eine Erfahrung. Etwas, das ich gelebt habe. Ich habe selten ein Game so intensiv gespürt – die Spannung, die Musik, das Adrenalin.
Heute, wenn ich alte Screenshots sehe, weiß ich sofort wieder, wie sich das angefühlt hat. Diese Mischung aus Faszination, Eskapismus und leichtem Kontrollverlust. Vielleicht war GTA III das erste Spiel, das mir zeigte, wie nah digitale Welten an echten Emotionen sein können.
Wertung: 9,5 von 10.
Weil es mich durch Nächte getragen hat. Weil es nicht perfekt, aber bedeutend war. Und weil es mich lehrte, dass ein Wochenende im virtuellen Chaos manchmal heilender sein kann als jeder echte Urlaub.