Shape of Water – Das Flüstern des Wassers: Eine visuelle Pracht, die inhaltlich nicht schwimmt
Ein ästhetisches Märchen mit Oscar-Formel
Guillermo del Toro ist ein Meister darin, visuell beeindruckende und atmosphärische Filme zu erschaffen – von Pans Labyrinth bis Hellboy hat er bewiesen, dass er fantastisches Kino beherrscht. Doch mit Shape of Water liefert er ein romantisches Märchen, das sich zu sehr auf bekannte Tropen und visuelle Schönheit verlässt und dabei erzählerisch flach bleibt.
Die Prämisse: Märchen trifft sozialkritische Romanze
Im Mittelpunkt steht Elisa Esposito (fantastisch gespielt von Sally Hawkins), eine stumme Putzfrau, die in einem geheimen Militärlabor der 1950er Jahre arbeitet. Dort trifft sie auf ein gefangenes Amphibienwesen – verehrt als Gott, gefoltert als Experiment. Was folgt, ist eine Liebesgeschichte zwischen Außenseitern: Elisa, das Fischwesen, der homosexuelle Nachbar, und die schwarze Kollegin – alle leiden unter der systemischen Unterdrückung ihrer Zeit. So sehr diese sozialkritische Ebene auch aktuelle Parallelen zu Rassismus und Ausgrenzung zieht, wirkt sie durch ihre Schlichtheit berechnend und oberflächlich. Die Geschichte, auf der das Märchen ruht, bleibt vorhersehbar und kaum überraschend.
Technisch brillant, erzählerisch holprig
Visuell ist Shape of Water eine Augenweide. Die Sets strahlen eine märchenhafte Nostalgie aus, das Art Design ist bis ins kleinste Detail durchdacht und die Kamera fängt das Ganze mit einer melancholischen Schönheit ein. Das Amphibienwesen, hervorragend umgesetzt durch Doug Jones und brillante praktische Effekte, wirkt lebendig und glaubwürdig. Doch das Tempo des Films lässt zu wünschen übrig: Die Romanze zwischen Elisa und dem Fischwesen entwickelt sich zu überhastet und wirkt dadurch unverdient, während der Thriller-Part im zweiten Akt unnötig langgezogen wird.
Anleihen und Zitate: Zu viel „Amélie“, zu wenig Del Toro
Del Toros Shape of Water zitiert nicht nur alte Hollywood-Märchen, sondern erinnert auch in Bildsprache und Ton stark an Die fabelhafte Welt der Amélie. Das mag für manche charmant wirken, doch für einen Regisseur, der bisher mit seiner originellen Handschrift bestach, ist dieser Weg eher enttäuschend. Es fehlt die kreative Eigenständigkeit, die Filme wie Pans Labyrinth zu Meisterwerken machte.
Die Darsteller: Ein Lichtblick im trüben Wasser
Die Besetzung ist ohne Frage exzellent. Sally Hawkins brilliert als stumme Heldin und schafft es, allein durch ihre Mimik und Körpersprache zu berühren. Michael Shannon überzeugt einmal mehr als eiskalter Antagonist, der die Härte und Brutalität des Systems verkörpert. Auch die Nebenfiguren, gespielt von Richard Jenkins und Octavia Spencer, verleihen dem Film Wärme, obwohl sie erzählerisch wenig Raum bekommen.
Fazit: Ein wunderschönes, aber seichtes Märchen
Shape of Water ist ein visuell beeindruckender Film, der in seiner Poesie und seiner Bildsprache glänzt, aber erzählerisch enttäuscht. Die unausgegorene Liebesgeschichte und das zu berechenbare Drehbuch lassen die emotionale Wucht vermissen, die del Toros frühere Werke auszeichneten. Was bleibt, ist ein schön anzuschauendes Märchen, das jedoch nicht die Tiefe und Magie erreicht, die es verspricht. Für die große Leinwand ist es dennoch einen Blick wert – auch wenn das Herz dieses Films eher flüstert, als laut schlägt.