Eine Reise in die Toskana oder wie ich Bistecca alla fiorentina lieben lernte

Our apartment in Montepulciano

Nicht einen Tag Regen gab es bei unserem Trip über Ostern nach Montepulciano. Was für ein Glück. Jeden Tag T-Shirt Wetter, gutes Essen, immer schönere Gegenden. Mit meinen beiden Berliner Brüdern und meiner Tochter machte ich mich, in einen kleinen BMW 116i mit Thule Dach-Box gezwängt, auf die Fahrt. Es ging durch Frankreich über die Schweiz zum ersten Stopp am Comer See. Da die gesamte Reise von Coldplay, Jamiroquai sowie sanften East- und Westcoast-Beats untermalt war, fuhr es sich wie im Traum. Zwar verspäteten wir uns dank eines zweistündigen Staus am Gotthard-Tunnel ein bisschen, aber der fantastische Auberginenauflauf meiner Nonna zauberte allen sofort ein Lächeln zurück ins Gesicht. Selbst Emily schmeckte das sonst so abscheuliche Gemüse.

Emily & Nonno
Emily & Nonno

Como Lake
Am Tag darauf genossen wir noch kurz den epischen Anblick des Comer Sees im glitzernden Sonnenschein, bevor wir weiter Richtung Süden fuhren und meine Schwester nahe Parma zum Mittagessen trafen. Dort stießen wir auch auf Rudi und seine Familie, die uns ab hier mit in die Toskana begleitete. In Parma waren es bereits weit über 25 Grad, gefühlt zumindest, pralle Sonne, unglaublich angenehm, wenn man einen Tag vorher morgens noch im kalten Deutschland sitzen musste. Nach einer fantastischen Pizza ging es weiter, mit dem Ziel Agriturismo Bossona da Maria Elena in Montepulciano. Wie der Name verspricht, ein Agriturismo, und der Name ist Programm, denn es ist inmitten von Olivenbäumen und Weinfeldern. Traumhaft!

Vorher aber erstmal hinkommen. Die italienischen Autobahnen mögen vieles sein, aber eins sind sie definitiv nicht: Spannend. Immer nur geradeaus ging es für ein paar Stunden, bevor – endlich – in der Toskana auch mal Kurven ins Spiel kamen. Natürlich verfehlte das absolut korrekt eingestellte deutsche BMW Navigationssystem sofort das Ziel und ließ uns mitten an einem Weinberg halten, hinter uns Weinreben, vor uns eine riesige Halle. Das war nicht das Agriturismo… Dank Google mit Roaming fanden wir dann doch zum Ziel, kurz vor der Abenddämmerung.

Endlich angekommen

Es freute mich sehr, Maria Elena wiederzusehen – ich sah sie zuletzt vor etwa zehn Jahren, entweder bei meiner Hochzeit in China oder bei einem Familientreffen, bin mir nicht mehr sicher. Nach der Begrüßung zeigte sie uns unsere Wohnungen. Was für Paläste! Es hat etwas Besonderes, in einem Haus zu schlafen, welches um das Jahr 1200 gebaut wurde. Dankbar nahmen wir ihren Tipp an, und fuhren zum Abendessen an die Stadtgrenze von Montepulciano, parkten dort, und liefen die Stufen der Stadt hoch. Die Stadt selber darf nur von Anwohnern befahren werden, darum ist es mit drei Kindern jedes Mal ein wenig umständlich gewesen, dorthin zu gehen. Aber auch hier wieder: Das Essen machte alles wett. Was für ein Schmaus.

Am ersten richtigen Tag wollten wir es noch sanft angehen lassen und besuchten erstmal den lokalen Supermarkt, um uns mit Essen und Trinken für die kommenden Tage einzudecken, so dass wir zumindest in der Wohnung frühstücken konnten. Ziemlich erstaunlich, wie teuer die Supermärkte in Italien sind, wenn man bedenkt, wie viel niedriger die Löhne dort sind. Wir leben hier in Deutschland in einem ziemlichen Schlaraffenland mit unseren Aldis und Rewes, das muss man mal ganz klar sagen. Anschließend liefen wir wieder in Montepulciano rein, diesmal bei Tageslicht, und genossen die kleinen Gassen und das köstliche italienische Gelato. La dolce vita!

Pienza

Unser erster richtiger Tagestrip führte uns dann nach Pienza, eine Stadt, die mir mein Vater empfohlen hatte, eine Stadt, die ein UNESCO Weltkulturerbe ist. Anders als in etwa Venedig hat man in Pienza das Gefühl, dass die Stadt gar nicht mehr richtig belebt ist, da wir dort auf sehr wenig Touristen und Menschen im Allgemeinen trafen. Eine absolute Perle, allein schon durch den fantastischen Piazza Pio II eine Reise wert. Wer keine Höhenangst hat, kann dort auch den Palazzo Comunale besteigen. Bei den Preisen der Restaurants merkten wir dann doch, dass wir in einer Touristenstadt waren, und aßen günstige, aber dennoch sehr feine Paninis, um es bis zum Abendessen zu schaffen.

Und das Abendessen hatte es dann in sich! Wir luden Maria Elena ein und wählten relativ spontan das laut Tripadvisor zweitbeste Restaurant der Gegend, es lag auf dem zweiten Platz mit ein paar hundert Stimmen. Also traute ich dem Ding mal. Und was für ein Glück wir hatten! La Bottega Matta hieß der Laden, sah von außen so einladend aus wie ein Metzger in der Hauptstraße Heppenheims. Aber: Don‘t judge a book by its cover! Drinnen empfingen uns die Inhaber mit viel Freundlichkeit und berieten uns nicht nur über das Essen, sondern auch über die Craft Biere, die sie hatten – wir zählten weit über 20 verschiedene. Jeder nahm ein anderes, und die Geschmackrichtungen liefen komplett auseinander, jedes schmeckte dennoch hervorragend in Kombination mit den Salumi und den Pici, die wir uns bestellten. Es war so lecker, dass wir uns ein paar Tage später sogar nochmal Salami, Schinken und Käse als Take-Away mitnahmen. Sehr günstiges, empfehlenswertes Restaurant!

Dinner time

Siena

Voll Energie und mit runden Bäuchen brachen wir am nächsten Tag nach Siena auf. Obwohl es noch gar nicht Osterferien in Italien waren, und ein Montag noch dazu, war die Stadt bereits vollkommen überrannt von Menschen. Venedig in der Toskana, könnte man fast sagen. Und neben den Menschenmassen rasten hier auch noch Busse und Taxen mit nahezu unverschämter Geschwindigkeit durch die Stadt. Wie zuvor, auch hier wieder: Mit der Ankunft am Piazza im Zentrum der Stadt war alles vergessen. Was für ein majestätischer, epischer Anblick! Da gaben wir dann auch auf, nach einem günstigen Restaurant zu suchen, und gönnten uns einfach eine Pizza direkt am Piazza del Campo. Es hat sich gelohnt, der Blick hier war eines der Highlights des Trips. Weniger amüsant war die Rückreise, da wir wegen Verwechslung von Parkplätzen und anderer Ignoranz um die zwei Stunden brauchten, um das Auto wiederzufinden. Doch vorher liefen wir noch zur Fortezza Medicea um die Stadttour mit einem wunderbaren Panorama zu beenden.

Nach der Hektik in Siena wollten wir am Tag danach eine etwas ruhigere Kugel schieben und fuhren nach Bagno Vignoni, dort gibt es unter anderem Thermalbäder und viele kleine Pizzerien. Nachdem wir ein weiteres Mal Pizza aßen – und alle Pizzen schmeckten während der Reise hervorragend! – machten wir eine kinderfreundliche Wanderung über einen kleinen Pfad aus dem Dorf heraus in die Natur herein. Die malerisch schöne Landschaft der Toskana zeigt sich hier ein weiteres Mal, man kann sich einfach nicht daran sattsehen. Und satt fotografieren schon gar nicht.

Bagno Vignoni

Den Tag darauf verbrachten wir abermals in Ruhe bei den Thermalbädern Terme Antica Querciolaia nahe Siena. Es stank zwar dank des Schwefels im Wasser nach verfaulten Eiern, aber in den warmen Wassermassen die Seele baumeln zu lassen war einzigartig. Besonders Spaß hat es den Kindern und mir gemacht, durch ein Heiß- & Kaltbad zu laufen. Immer abwechselnd läuft man kreisförmig durch zwei Wasserbahnen, wovon die eine Bahn sehr, sehr warm und die andere bitterkalt ist. Das regt sowas von den Kreislauf an, wie in japanischen Bädern fühlte ich mich unglaublich erfrischt.

Nachmittags gingen wir noch mit Maria Elena zum Winzer namens Tenuta Valdipiatta Wein kaufen. Er ließ uns die verschiedenen Sorten probieren und erklärte uns, dass er immer noch exklusiv mit toskanischen Trauben arbeitet und nicht wie die Konkurrenz auch andere Trauben aus fremden Regionen reinmischt. Witzigerweise war sein Lager genau da, wo uns das Navigationssystem am ersten Tag fälschlich hingeleitet hatte. Wir kauften ein paar Kisten Wein und fuhren zurück zum Agriturismo.

Und dann, am letzten Abend vor der Abreise, gab es den kulinarischen Höhepunkt des Trips, wie schon im Titel verraten: Bistecca alla fiorentina. Es ist schwer, die Qualität dieses Fleisches in Worte zu fassen. Es wird von außen leicht angebraten, innen bleibt es fast roh. Das einzige Gewürz: Salz. Ich will nicht übertreiben, aber das war das beste Fleisch, was ich je in meinen Mund nehmen durfte. Wie auf dem Foto gegessen in der Osteria Acquacheta. Wir haben uns 2,3 Kilogramm zu viert geteilt, es war schneller weg als gedacht.

Alleine für eine weitere Portion davon muss ich bald wieder in die Toskana reisen!

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